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Sonntag, 1. November 2015

Nutrias in Stadtparks: Warum füttern für Nutrias zum tödlichen Problem werden kann

Zugegeben, ich kann schon verstehen, dass die Versuchung ist groß ist die Tiere zu füttern, denn Nutrias sind nicht nur sehr niedlich, sondern können manchmal auch recht zutraulich werden. Insbesondere dann, wenn sie sich in Stadtparks angesiedelt haben und an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt sind. Wer sie wirklich mag, sollte der Versuchung sie zu füttern dennoch widerstehen – und zwar zum Schutz der Tiere.

Abgesehen davon, dass Brot und Kekse keine artgerechte Ernährung für Nutrias sind und Salz, Zucker & Co den Tieren schaden, (was übrigens auch für Schwäne und Enten gilt), kann auch die Fütterung mit gesundem Obst und Gemüse den Nutrias langfristig schaden – zumindest indirekt.

Werden Nutrias in freier Wildbahn gefüttert, können sie sich stärker vermehren, als von der Natur vorgesehen. Wie der Biologe Dr. Samuele Venturini erklärt, regelt sich die Geburtenkontrolle bei Nutrias in der Natur selbst, indem die Tiere einfach weniger Junge zur Welt bringen, wenn Lebensraum und Nahrung knapp werden. Ein genialer Schachzug der Natur, durch den der Bestand automatisch immer auf einem gesunden Level gehalten wird. Es werden nur so viele Jungtiere geboren, wie im Lebensraum Platz und Nahrung finden.

Im Umkehrschluss kann das aber auch bedeuten, dass sie sich stärker vermehren können, wenn sie von Spaziergängern gefüttert werden. Die natürliche Bestandsregulierung gerät aus dem Gleichgewicht, wenn wir der Natur durch Fütterung der Nutrias ins Handwerk pfuschen. Das kann dazu führen, dass Städte, Landwirte und Jäger die Nutrias als Plage ansehen und gegen sie vorgehen wollen - und es leider auch tun.

Erst im Januar 2014 soll es im Schlosspark von Moers zu grausamen Szenen gekommen sein, weil die Stadt Tierfänger angeheuert hatte, die Nutrias mit Schlagfallen töteten - angeblich, weil die Stadt befürchtete, dass möglicherweise Schäden an den Uferböschungen entstehen könnten, wenn sich die Nutrias weiter vermehren würden. Augenzeugen berichteten von minutenlangen qualvollen Todeskämpfen der Tiere.

Auch in anderen Städten wie z.B. Mönchengladbach, Neuss, Grevenbroich sprechen sich Nutria-Gegner immer wieder vehement für die Tötung der Tiere aus.

Wir tun den Nutrias also langfristig keinen Gefallen wenn wir sie füttern - ganz im Gegenteil!

Hinzu kommt: Im Sommer wimmelt es in den Stadtparks nur so vor Besuchern, jeder will mal füttern, jeder bringt was mit. In der Summe ist das immer deutlich mehr, als die Tiere fressen können und so bleiben Reste liegen, die früher oder später auch Ratten anziehen können. Werden dann Giftköder ausgelegt, können auch die Nutrias und andere Tiere elendig daran zugrunde gehen.

Während die Stadtparks in den Sommermonaten vor Besuchern und Enten-Fütterern fast überquellen, bleiben sie an ungemütlichen Wintertagen oft fast Menschenleer. Haben sich die Nutrias dann durch die übertriebene Zufütterung der Spaziergänger stärker vermehrt, als von der Natur vorgesehen, müssen die Tiere  im Winter oft Hunger leiden, was ja auch nicht im Sinne echter Tierfreunde sein kann.

Wenn Sie die Tiere also wirklich mögen, erfreuen Sie sich an ihnen! Tragen Sie ihr Wissen weiter, helfen Sie mit, Missverständnisse aufzuklären und Vorurteile gegen Nutrias zu beseitigen, aber widerstehen Sie der Versuchung die Tiere zu füttern.

Aufklärung und Abbau von Vorurteilen helfen den Nutrias langfristig sehr viel mehr, als mitgebrachte Möhren, Salat, Äpfel und andere leckere Obst- & Gemüsesorten!

Leider gibt es immer noch Menschen (und vereinzelt auch Zeitungen), die sich einfach weigern zu begreifen, dass Nutrias keine schädlichen Ratten sind, und nicht müde werden, gegen Nutrias zu hetzen, sie immer wieder als "Schädlinge" und "Plage" zu diffamieren, um die Stimmung immer weiter aufzuheizen. Dabei haben die Nutrias oft schon jahrelang völlig unbemerkt und ohne Schäden anzurichten in den Parks gelebt, denn sie integrieren sich so perfekt und friedlich in neue Lebensräume, dass sie meist lange Zeit fast niemandem auffallen - bis Parkbesucher anfangen sie zu füttern. Erst dann fallen die Nutrias auch den Leuten auf, die lieber Vorurteile pflegen und nach "Bekämpfung" schreien, statt sich zu informieren oder durch Beobachtung der Tiere mehr über Nutrias zu lernen.

Dies als Bitte vorab, denn ich möchte mit diesem Blog gerne dazu beitragen, dass Vorurteile gegen Nutrias und Missverständnisse abgebaut werden. Ich wünsche mir, dass wir die niedlichen Nager als Teil unserer Natur achten und respektieren – im Idealfall auch lieben lernen. Obwohl Nutrias nicht optimal an unsere Klimabedingungen angepasst sind, (in kalten Wintern sterben immer mal wieder ganze Populationen aus), haben sie es dennoch (fast) alleine bis dahin geschafft, wo immer Sie die Tiere antreffen. Sie leben seit über 100 Jahren bei uns und blieben dabei fast unbemerkt, bis sie begannen sich auch in Stadtparks anzusiedeln - schließlich werden natürliche Biotope und Sumpfgebiete immer knapper. Wir sollten uns freuen, dass sie es trotz widriger Bedingungen so weit geschafft haben und ihnen nicht durch falsch verstandene Tierliebe unnötige Probleme bereiten.

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